Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat heute ein erstes Urteil zum Thema Mindestlohn gesprochen (BAG, Urtl. vom 25.05.2016, Az.: 5 AZR 135/16)
Das Mindestlohngesetz (MiLoG) ist jung, die Rechtsunsicherheiten hoch, weil es kaum belastbare gerichtilche Entscheidungen gibt. Umso erfreulicher ist es, dass sich das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (BAG) mit einem Fall beschäftigte und ein entsprechendes Urteil sprach.
Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns – Mindestlohngesetz (MiLoG) trat am 1. Januar 2015 bundesweit in Kraft. Es wurde ein flächendenckender Mindestlohn für Arbeitnehmer vereinbart. Dieser beträgt € 8,50 brutto je Zeitstunde. Teilweise gelten bis 2017 noch Ausnahmen von diesem Mindestlohn.
Branchenmindestlöhne werden von dem allgemeinen Mindestlohn nicht verdrängt, soweit diese höher sind (§ 1 Abs. 3 MiLoG). Der Mindestlohn gilt teilweise auch für Praktikanten. Ausgenommen wenn es sich um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) handelt. Schüler und Studenten sind im Rahmen eines Praktiums in ihrer Schulausbildung oder dem Studium unter bestimmten Voraussetzungen nicht mindestlohnpflichtig. Auch Auszubildende, ehrenamtlich Tätige sowie Volontäre und Journalistenschüler in Medienunternehmen sind grundsätzlich ausgenommen, wenn das Volontariat auf eine praktische Ausbildung abzielt, die mit der Berufsausbildung i.S.d. Berufsbildungsgesetzes vergleichbar ist.
Auch Arbeitnehmer, die vor Beginn der Beschäftigung länger als ein Jahr arbeitslos waren, sind für den Zeitraum der ersten 6 Monate der Beschäftigung vom Mindestlohanspruch ausgeschlossen. Auch Selbständige sind vom Mindestlohn ausgenommen.
Ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetz kann mit drastischen Maßnahmen wie hohen Geldbußen geahndet werden.
Das Gesetz schafft verschiedentliche Ermächtigungen. So wurde bisher vier Rechtsverordnungen erlassen, die das Mindestlohngesetz (MiLoG) weiter konkretisieren. Diese sind:
– Verordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörde nach § 16 Absatz 6 des Mindestlohngesetzes (MiLoGMeldStellV)[14]
– Verordnung zur Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (Mindestlohnaufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV)[15]
– Verordnung über Meldepflichten nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (Mindestlohnmeldeverordnung – MiLoMeldV)[16]
– Verordnung zu den Dokumentationspflichten nach den §§ 16 und 17 des Mindestlohngesetzes in Bezug auf bestimmte Arbeitnehmergruppen (Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung – MiLoDokV).
Das Mindestlohngesetz gilt als politisch motiviert und ist vielfach umstritten.
In dem nunmehr entschiedenen Fall ging es um eine Arbeitnehmerin, die dagegen geklagt hat, dass ihr Arbeitgeber Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld in bestimmten Fällen verrechnet hat.
Die Angestellte arbeitete in dem Klinik-Service-Center Brandenburg (KSC). Diese ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Städtischen Klinikums in Brandenburg an der Havel. Die Arbeitnehmerin wehrte sich dagegen, dass ihr Arbeitgeber seit Anfang 2015 das ihr zustehende Urlaubs- und Weihnachtsgeld verrechnet hat, um den gesetzlichen Mindestlohn einzuhalten. Sie wollte die Sonderzahlungen nicht für den Mindestlohn opfern. Daraufhin hat die Arbeitnehmerin 2015 beim Arbeitsgericht in Brandenburg an der Havel Klage erhoben. Diese verlor sie in der ersten Instanz. In der zweiten Instanz bestätigte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die erstinstanzliche Entscheidung. Eine entscheidende Rolle bei der Beantwortung der Frage spielte, dass die Arbeitnehmerin das Urlaubs- und Weihnachtsgeld jeweils in Höhe eines halben Monatsentgelts nicht in zwei Raten, sondern nach einer Betriebsvereinbarung verteilt über zwölf Monate erhalten hat.
Die Arbeitnehmerin unterlag letztlich auch vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht. Die Richter entschieden, dass die Sonderzahlungen zumindest herangezogen werden könnten, um die gesetzliche Lohnuntergrenze in Höhe von € 8,50 pro Stunde zu erfüllen. Dies gelte den Richtern aus Erfurt nach jedoch nur, wenn wenn die Sonderzahlungen als Entgelt für tatsächliche Arbeitsleistungen dienten, d.h. quasi als ein 13. Gehalt dienen würden. Damit wurden die Entscheidungen der Vorinstanzen durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt.
Mit Spannung bleiben künftige Entscheidungen abzuwarten, die das Mindestlohngesetz in seiner Anwendung für eine sichere Rechtsanwendung ausprägen werden.