Lohnfortzahlung nur noch für Geimpfte?

Gibt es künftig Lohnfortzahlung nur noch für Geimpfte? Diese und viele weitere Fragen des Arbeitsrechts befinden sich weiterhin im steten Wandel. Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Leistet der Arbeitnehmer keine Arbeit, schuldet der Arbeitgeber also grundsätzlich auch keinen Lohn.

Dieser Grundsatz findet in der Praxis aber regelmäßig Durchbrechungen. Gewisse Tatbestände sind von dieser Regelung ausgenommen und gesondert zu behandeln. Am bekanntesten ist der Fall, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist.

Arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer

Wer als Arbeitnehmer wegen Kraankheit arbeitsunfähig ist, hat grundsätzlich einen gesetzlichen Anspruch auf Fortzahlung des Lohns gemäß § 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz). Hierfür ist lediglich erforderlich, dass das Arbeitsverhältnis bereits mindestens 4 Wochen andauert und den Arbeitnehmer kein besonderes Verschulden an der Erkrankung trifft. Dann erhält der Arbeitnehmer regelmäßig für die Dauer von 6 Wochen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Monokausalität

Wichtiges Kriterium für den Erhalt des Lohns bei attestierter Arbeitsunfähigkeit ist die sog. Monokausalität:  Der Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG besteht nur dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit die einzige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist und der Anspruch nicht bereits aufgrund anderer Ursachen entfällt.

Lohnfortzahlung auch bei vorsorglicher Quarantäne wegen Verdacht auf Corona?

Fraglich ist aber, wie damit umzugehen ist, wenn der Arzt im Krankheitsfall während Corona-Zeiten vorsorglich die häusliche Quarantäne anordnet. Für diesen Fall gibt es nämlich einen speziellen Anspruch auf Entschädigungszahlung nach dem Infektionsschutzgesetz:

Regelungen aus dem Infektionsschutzgesetz

Nach § 56 Abs. 1 S. 1 IfSG erhält eine Person, die als Ansteckungsverdächtiger oder Krankheitsverdächtiger einem Verbot der Erwerbstätigkeit erliegt und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, eine finanzielle Entschädigung. Nach S. 2 gilt ebendies für Personen, die als Krankheitsverdächtiger bzw. Ansteckungsverdächtiger abgesondert werden.

So erging es auch einem Arbeitnehmer im Mai 2020: Nach mehrtägig andauernder Krankheitssymptome (Magenschmerzen & Kopfschmerzen) hat der Arzt – trotz negativ ausfallendem Corona-Test – zusätzlich zur attestierten Arbeitsunfähigkeit das Gesundheitsamt informiert und die häusliche Quarantäne angeordnet. Dem Arbeitnehmer wurden anschließend die monatlichen Brutto-Entgeltzahlungen für den Zeitraum der Quarantäne von seiner Arbeitgeberin abgezogen. Lediglich eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz wurde hierbei berücksichtigt.

Arbeitsgericht Aachen spricht Arbeitnehmer Lohnanspruch bei Quarantäne zu

Das Arbeitsgericht Aachen hat der Klage des Arbeitnehmers auf Zahlung des Differenzbetrages von seiner Arbeitgeberin jedoch stattgegeben (Urteil vom 11.03.2021, Aktenzeichen: 1 Ca 3196/20).

Zur Fragestellung, wie mit den beiden konkurrierenden Ansprüchen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz und dem Entschädigungsgesetz hier umzugehen ist, führt das Gericht aus:

  • Im Rahmen des Entgeltfortzahlungsanspruches nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG muss die Monokausalität der Arbeitsunfähigkeit geprüft werden. Hierbei kommen jedoch nur reale Tatsachen in Betracht, rein hypothetische Geschehnisse sind nicht weiter zu berücksichtigen.
  • Die rein vorsorglich angeordnete Quarantäne des Klägers steht der Monokausalität demnach nicht entgegen; diese häusliche Absonderung gehe auch nicht zwingend einher mit der Unmöglichkeit der Arbeitsleistung nach § 275 Abs. 1 BGB.
  • Selbst wenn die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung durch häusliche Quarantäne zu bejahen ist, ist der Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG vorrangig gegenüber dem besonderen Entschädigungsanspruch nach 56 Abs. 1 S. 1 IfSG. Nach dem Wortlaut des Gesetzes soll dieser besondere Anspruch des Infektionsschutzgesetzes nur dann subsidiär eingreifen, wenn der Verdienst aufgrund der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen entfällt. Zudem spricht der Gesetzgeber in § 56 Abs. 1 IfSG nur von „Ausscheidern“, „Krankheitsverdächtigen“ und von „Ansteckungsverdächtigen“. „Kranke“ sind von diesem Entschädigungsanspruch nach dem Willen des Gesetzgebers explizit nicht umfasst.
  • Es besteht zudem kein Grund für einen Wegfall des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG im Falle des Entschädigungsanspruches nach § 56 IfSG. Der Zweck dieser infektionsschutzrechtlichen Regelung ist es, den einzelnen Betroffenen auf Kosten der Allgemeinheit zu entschädigen. Es entspricht jedoch nicht dem Regelungszweck, den Arbeitgeber zu entlasten, indem dieser von seiner Zahlungspflicht nach § 3 EFZG gegenüber dem kranken Arbeitnehmer befreit

Änderungen durch die Politik?

Akuell fragen sich viele Arbeitnehmer, ob ihnen auch dann ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zustünde, wenn sie ungeimpft sind. Denn mittlerweile gibt es mehrere emfohlene Schutzimpfungen, die eine Quarantäne vermeiden können.

Mit diesem Argument haben die Gesundheitsminister von Bund und Ländern derweil beschlossen, dass ab November 2021 eine Erstattung von Verdienstausfall für Ungeimpfte nicht mehr erfolgen soll. Als Begründung wird herangezogen, dass nunmehr jeder Einzelne ein Impfangebot erhalten habe. Rechtliche Grundlage hierfür soll § 56 Abs. 1 Satz 4 IFSG bilden. Ausnahmen sollen dann gelten, wenn für die konkret betroffene Person in einem Zeitraum von bis zu acht Wochen vor der Quarantäne-Anordnung keine öffentliche Empfehlung für eine Impfung vorlag oder eine solche aus medizinischen Gründen nicht möglich war.

Hierbei ist aber klar zwischen den Fällen zu trennen, bei denen es um eine Entschädigung nach IFSG geht und solchen, bei denen es um eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach EFZG geht. Denn im letzteren Fall ist der Arbeitnehmer erkrankt und ihm steht auch ohne Impfung ein Anspruch auf Lohnfortzahlung zu.

Die politischen Änderungen betreffen damit vor allem die Fälle, in denen eine Quarantäe für Ungeimpfte auf Grund der Besorgnis einer Infektion besteht. Dies ist der Fall, wenn es sich zum Beispiel um eine direkte Kontaktpersonen zu einer positiv getesteten Person handelt.

Damit bleibt der bloße Entfeltfortzahlungsanspruch in der Regel auch für Ungeimpfte grds. auchl weiter bestehen.

Was können wir für Sie tun? Rufen Sie uns gerne an: 0892601020 oder 06221657471 oder 054199980112

Schreiben Sie uns unverbindlich eine Nachricht und teilen uns Ihre Rückrufnummer und E-Mail mit:

UNVERBINDLICHE ANFRAGE

© 2015 RECHTSANWALT TIM ELLER | IMPRESSUM | DATENSCHUTZ

logo-footer

FOLGEN SIE UNS AUF: