Handy auf dem Rad ist teuer – Jetzt auch für den Arbeitgeber (BAG 5 AZR 334/21)

Jedes Kind weiss es: Handy auf dem Rad ist teuer. Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass dies jetzt auch für den Arbeitgeber gilt (BAG 5 AZR 334/21).

Worum ging es?

Zwei Fahrer (sogenannte Rider) des bekannten Lieferdienstes Lieferando hatten Geklagt. Ausgangspunkt war eine arbeitsvertragliche Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Nach dem Arbeitsvertrag sollten die Arbeitnehmer ihr eigenes Fahrrad und ihr eigenes Smartphone nutzen, um Bestellungen anzunehmen und die Essen an die Kunden auszuliefern. Für die Nutzung des eigenen Rades sollte eine Pauschale von 25 Cent pro Stunde gezahlt werden.

Den Lieferdiensten wurde vorgeworfen, dass sie den geltenden Mindestlohn unterschreiten würden, indem sie Kosten für Arbeitsmittel auf die Arbeitnehmer umlegen würden.

Deutliche Worte des BAG: Fahrradlieferanten haben Anspruch auf essentielle Arbeitsmittel

Nunmehr hat das BAG am 10.11.2021 (BAG 5 AZR 334/21) entschieden und eine deutliche Aussage getroffen:. In seiner Pressemitteilung heist es unmissverständlich:

„Fahrradlieferanten (sogenannte „Rider“), die Speisen und Getränke ausliefern und ihre Aufträge über eine Smartphone-App erhalten, haben Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihnen die für die Ausübung ihrer Tätigkeit essentiellen Arbeitsmittel zur Verfügung stellt. Dazu gehören ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein geeignetes internetfähiges Mobiltelefon.“

Kann der Arbeitgeber den Anspruch auf essentielle Arbeitsmittel vertraglich ausschließen?

Das BAG hat aber nicht nur entschieden, dass dem Arbeitgeber ein Anspruch auf essentielle Arbeitsmittel zusteht. Das höchste deutsche Arbeitsgericht entschied auch darüber, ob von diesem Grundsatz vertraglich abgewichen werden kann.

Das BAG erkennt grundsätzlich an, dass ein Ausschluss wirksam möglich ist. Nimmt der Arbeitgeber aber einen Ausschluss im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vor (so lag der Fall hier), ist die Wirksamkeit des Ausschlusses anhand einer Klauselprüfung vorzunehmen. Das Gericht hat in dem konkreten Fall geurteilt, dass ein Ausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann wirksam sein kann, wenn der Arbeitnehmer für die Nutzung des eigenen Fahrrads und Mobiltelefons auch eine angemessene finanzielle Kompensation erhält.

BAG: Kompensation nich tausreichend – Vertragliche Regelung ist unwirksam

Das BAG hielt die konkrete Klausel für Unwirksam und sprach dem klagenden Arbeitnehmer einen Anspruch auf Diensthandy und Dienstfahrrad zu. Denn die beklagte Arbeitgeberin gewährte ihrem Arbeitnehmer zwar eine Reparaturgutschrift, diese betrug jedoch nur 0,25 Euro pro Stunde und konnte zudem ausschließlich bei einem von der Arbeitgeberin vorausgewählten Unternehmen eingelöst werden. Hierdurch wird der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und die vertragliche Regelung ist unwirksam (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 iVm Abs.  1 Satz 1 BGB).

Kläger beantragt ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein geeignetes Handy – und bekommt Recht

Dem Kläger wurde das von ihm begeherte verkehrstüchtige Fahrrad und ein geeignetes Mobiltelefon zugesprochen. Die Revision der Arbeitgeberin hatte keinen Erfolg. Die getroffene Vereinbarung widerspricht dem gesetzlichen Grundgedanken des Arbeitsverhältnisses. Denn nach diesem Prinzip müsse der Arbeitgeber die für die Ausübung des Berufs erforderlichen wesentlichen Mittel stellen und auch für ihre Funktoinsfähigkeit Sorge tragen.

Und nun?

Das BAG lässt die Möglichkeit der Nutzung eigener Arbeitsmittel weiterhin zu. Soll die Nuzung vertraglich im Rahmen von AGB geregelt werden, ist auf deren Wirksamkeit zu achten. Arbeitnehmer sollten daher prüfen, ob die Regelung unwirksam sein könnte.

Der Arbeitgeber hat in jedem Fall eine angemessene Entschädigung zu leisten, wenn der Arbeitnehmer eigene Arbeitsmittel nutzen soll. Zumindest eine Zahlung in Höhe von 0,25 Cent pro Stunde reichen im vorliegenden Fall nicht aus.

Lieferando hat bereits reagiert – Die Arbeitsverträge wurden angepasst und Arbeitsmittel ausgegeben.

Grundsätzlich hat Lieferando bereits reagiert und die Arbeitsverträge angepasst. Die Pauschale für die Nutzung wird derwezil nicht mehr auf Zeitbasis sondern auf Basis zurückgelegter Kilometer vereinbart. Zudem hat Lieferando nunmehr zumindest teilweise Fahrräder und Diensttelefone an seine Fahrer ausgegeben und ist eine Nutzung eigener Mittel nicht mehr erforderlich.

Fazit

Muss der Arbeitnehmer eigene Gegenstände nutzen, die für die Erfüllung des Arbeitsvertrags wesentlich sind, hat er Anspruch auf eine angemessene Entschädigung oder muss der Arbeitgeber die Gegenstände stellen.

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