Wann sind vertragliche Ausschlussklauseln und Verfallfristen unwirksam?

Ausschlussfristen sind unwirksam, wenn sie umfassend alle Ansprüche ausschließen

Wann sind vertragliche Ausschlussklauseln und Verfallfristen unwirksam? Mit dieser Frage sich das Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 26.11.2020, 8 AZR 58/20) wiederholt auseinandergesetzt. In dem vorliegenden Fall kündigte der Arbeitgeber zunächst mittels betriebsbedingter Kündigung. Später schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag. Der geschlossene Arbeitsvertrag enthielt eine Ausschlussklausel mit dem folgenden Inhalt:

„§ 13 Verfallfristen

Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Fall der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat einzuklagen.“

Umfassende Ausschlussklausel ist in der Regel unwirksam

Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen stellen regelmäßig Allgemeine Geschäftsbedingungen oder vorformulierte Vertragsbedingungen i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB dar. Ausschlussklauseln und Verfallfristen unterliegen damit der AGB-Kontrolle.

Sinn und Zweck von Ausschlussklauseln und Verfallfristen

Der Sinn und Zweck von Ausschluss und Verfallfristen besteht in der Erlangung von Rechtsfrieden. Die gesetzlichen Verjährungsfristen werden durch Ausschlussklauseln verkürzt. Ansprüche die einer wirksamen Ausschlussfrist oder Verfallklausel unterliegen, verfallen, wenn sie nicht binnen bestimmter Fristen geltend gemacht und eingeklagt werden. Ausschlussklauseln können auch in kollektivrechtlichen Vereinbarungen, d.h. in Tarifverträgen geregelt sein.

Umfang der Ausschlussklausel entscheidet über die Wirksamkeit der Klausel

Nicht alle Ansprüche können wirksam von einer Ausschlussfrist umfasst sein. Es sind zum Beispiel Ansprüche aus Mindestlohngesetz (MiLoG) ausgeschlossen. Auch Ansprüche die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben und damit auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung können einer vertraglichen Ausschlussfrist nicht wirksam unterworfen werden.

So hat das BAG in seiner Entscheidung die konkrete Klausel für unwirksam erklärt. Das BAG führt zur Begründung der Unwirksam dieser Ausschlussklausel aus:

„Der Verfall etwaiger Ansprüche der Beklagten aus eigenem Recht scheitert daran, dass die Ausschlussklausel in § 13 des Arbeitsvertrags wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig ist und nach § 306 Abs. 1 BGB unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen entfällt, und dass die Beklagte die Klausel nicht nach den Grundsätzen über die personale Teilunwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichwohl gegen sich gelten lassen muss.

[…]

Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts werden Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung von der Ausschlussklausel in § 13 des Arbeitsvertrags vom 22. Dezember 2010 erfasst. Dies ergibt eine Auslegung von § 13 des Arbeitsvertrags nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen.“

Das BAG führt zu der konkreten Verfallklausel aus, dass von

„einer pauschalen Ausschlussklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder vorformulierten Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB – wie die in § 13 des von der Klägerin vorgelegten Arbeitsvertrags – wonach ausnahmslos alle Ansprüche verfallen, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen vom Anspruchsinhaber geltend gemacht und eingeklagt werden, auch Ansprüche wegen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung und einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung erfasst (vgl. in diesem Sinne auch BAG 24. September 2019 – 9 AZR 273/18 – Rn. 18, BAGE 168, 54)“

Sind und es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (vgl. etwa BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 55, BAGE 166, 54; 23. November 2017 – 8 AZR 372/16 – Rn. 26 mwN).

Keine Erleichterung für Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus durch Rechtsgeschäft

§ 202 Abs. 1 BGB verbietet die Erleichterung für die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes durch Rechtsgeschäft. Eine Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag ist deshalb dann unwirksam, wenn sie pauschal auch Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen erfasst.

Was bedeutet das konkret für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Im Ergebnis bedeutet dies für konkret für Arbeitnehmer, dass im Rahmen der Vertragsgestaltung ein besonderes Augenmerk bei der Vertragserstellung notwendig ist. Wird eine Ausschlussfrist wirksam vereinbart, kann hierdurch die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen verhindert werden. Für Arbeitnehmer bedeutet dies im Umkehrschluss, dass fortwährend bei Ansprüchen zu prüfen ist, ob eine Ausschlussfrist wirksam vereinbart wurde. Ist dies der Fall, muss der Arbeitnehmer zur Wahrung seiner Ansprüche fortwähren die Einhaltung der Ausschlussfristen kontrollieren und ggfs. frühzeitig handeln. Andernfalls droht er an sich bestehende Ansprüche dadurch zu verlieren, dass diese nicht mehr durchsetzbar sind.

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